Alt-Herren-Hockey – das klingt nach betulicher Sonntagmorgen-Bewegung, bei der das anschließende Treffen am Clubhaus-Tresen von größerer Bedeutung sein kann. Dass Alt-Herren-Hockey auch seine sportlich anspruchsvolle und herausfordernde Seite hat, zeigte der „World Master Hockey European Cup 2023“.
Ausgerichtet wurde er vom spanischen Hockeyverband in Valencia. Für die Altersklassen ab 65, 70 und 75 startete der erste Part Ende Juni, der zweite mit den 60-jährigen und jüngeren Mitte Juli. Im ersten Part war der Rheinberger Willi Passen als Torhüter der O 70 Herren vertreten und belegte Platz 5. Im zweiten Teil ist der Rheinberger Johannes Püttmann als Kapitän der „O 60 SPOM“ beteiligt. Er konnte heute schon einen 2:0 Sieg seines Teams gegen Spanien melden.
Herausfordernd waren in Valencia zunächst die klimatischen Bedingungen. Das Thermometer kletterte bereits zu Sommeranfang bis auf 41 Grad und die Luftfeuchtigkeit war oft ungewöhnlich hoch. Sportlich anspruchsvoll war die Veranstaltung gerade auch aus Sicht der Schiedsrichter. Als deutsche Vertreter waren Marcel Emmerichs, wohnhaft in Leverkusen und Mitglied des TuS 08 Rheinberg, sowie der Hamburger Ralph Bonz für den ersten Turnierteil nominiert worden. Insgesamt war das Team mit Frauen und Männern altersgemischt und sehr international besetzt. Neben den europäischen Nationen waren auch Australien und einige fernöstliche Länder vertreten. Alt und Jung, das passte gut zusammen. Im Fall von den beiden deutschen Schiedsrichtern war es der junge – mit 24 Jahren war Marcel der zweitjüngste Teilnehmer –, der dem alten (Jahrgang ´54) in Sachen Regelkunde immer wieder unter die Arme greifen konnte.
Bereits vor dem Turnier wurden sie vom Umpires-Coach Reinier Verhoeven mit umfangreichen E-Mails versorgt, erhielten Texte und Videos zum Regelwerk und dessen Auslegung. Sie stimmten einem „Umpire-Agreement“ zu und mussten sich um ihre Fitness kümmern. Vor Turnierbeginn trafen sich alle zum „Umpires-Briefing“. Alles lief ab wie bei der Vorbereitung auf ein großes Turnier der Damen oder Herren. Das setzte sich im Verlauf des Turniers fort. Wer glaubte, die Alt-Herren-Hockey-Spiele mal eben so im Vorbeigehen pfeifen zu können, wurde von den Schiedsrichter-Beobachtern in der Beurteilung nach dem Spiel schnell eines Besseren belehrt. Gewiss, die Spiele sind langsamer, als Schiedsrichter hat man sicherlich mehr Verschnaufpausen und einige Spielweisen wie etwa „Sliding-Tacklings“ kommen nicht mehr vor.
Andererseits ist die Zahl der Zweikämpfe und Stock-Tacklings vermutlich höher, der Schusskreis bei Angriffen genauso voller Beine wie bei jungen Spielerinnen und Spielern und die Regelauslegung muss ebenso umgesetzt werden wie im Liga-Betrieb. Täglich zwei Spiele, eins pfeifen und eins als Reserve-Umpire, das war üblich. Wie bei großen Turnieren erfolgten die Ansetzungen Tag für Tag und je nach Leistung. Etwa die Hälfte der Spiele wurden die Schiedsrichter beobachtet und bewertet. Dass sie insgesamt eine gute Leistung gezeigt hatten, konnten sie auch dem letzten Ansetzungsplan entnehmen. Beide erhielten ein Halbfinale und ein Finale, Marcel Emmerichs sogar mit dem 65-er-Finale das Highlight des Turniers.
Eine ganz besondere Anerkennung! Auch beider „Perfomance Report“, das Abschlusszeugnis, bestätigte die gute Präsentation. Marcel Emmerichs wurde darin ausdrücklich als bester Schiedsrichter des Turniers beurteilt. Für junge Schiedsrichter ist ein Masters-Turnier ein guter Einstieg, um internationale Hockey-Luft zu schnuppern. Briefing, Betreuung und Beobachtung, das Pfeifen mit unterschiedlichen Partnern und die Kommunikation auf Englisch endsprechen dem, womit es Schiedsrichter auch auf den großen Turnieren der Damen und Herren zu tun bekommen. Und auch diese Erfahrung gehört dazu: Eine EM ist keine Urlaubsreise. Der Sport steht täglich im Vordergrund. Viel gesehen von der Stadt Valencia haben die Schiedsrichter nicht. Ergänzend zur professionellen Betreuung durch Reinier Verhoeven, assistiert von Hans van Rensen, hat aber der spanischer Kontaktmann Antonio Morales emsig dafür Sorge getragen, den Schiedsrichtern ein angenehmes Umfeld zu bereiten.